© 2014 Holger Albers

Oktober 2015: Dunkel war's der Mond schien helle...


Diesen Gedichtanfang haben wir sicher alle schon einmal gehört. Mancher erinnert sich auch daran, dass im weiteren Verlauf ein Hase, der eigentlich bereits erschossen worden war, beim Schlittschuhlaufen beobachtet wurde - und das zudem auf einer Sandbank. Ohne Frage völliger Nonsens in jeder einzelnen Zeile. Doch dieser humoristische Beitrag kann uns durchaus auf einen rhetorischen Kniff hinweisen, mit dem wir unseren Leser zum Nachdenken bringen. Oxymoron heißt es fachsprachlich, wenn zwei Wörter oder Begriffe zusammengefügt werden, die so gar nicht zueinander passen wollen. Im griechischen Ursprung setzt sich das Wort aus den Begriffen für scharfsinnig (oxys) und dumm (moros) zusammen.


Hass und Liebe etwa sind zwei Gefühle, die nicht miteinander vereinbar sind, und doch kennen wir Menschen, die eine Hassliebe verbindet. Weitere Beispiele sind etwa der 'alte Knabe', die joviale Begrüßung unter guten Freunden, oder auch der Wahlspruch 'Weniger ist Mehr', der für sich betrachtet jeder Logik widerspricht. Schaut man sich die Quellenlage zum Oxymoron an, dann finden sich dort vorzugsweise literarische Angaben von Goethe und Kästner bis zu Orwell und Horvath. Das ist leicht nachvollziehbar, denn ein Oxymoron zu erdenken und in seinem Text zu verwenden, bedarf schon einer sehr spitzen Feder und dem Platz, das vermeintliche Gegensatzpaar zu erklären.


Wenn wir eher prosaisch schreiben und unsere Leser informieren wollen, dann sollten wir sie nicht zu übertriebenen Denksportleistungen herausfordern. Das heißt also für uns: Wir verwenden nur ein Oxymoron, das bereits sprachlich eingeführt ist. Dass uns sonst die Leser abspringen, dürfte ein 'offenes Geheimnis' (Goethe) sein.